Libertas Mentis II - Brot & Spiele
So sei euch hiermit kundgetan von dem, was sich zugetragen hat bei der Gründung des Hohen Rats im Jahre Eins nach der Befreiung des Nebeltals.
Um das Nebeltal erstarken zu lassen, beschloss Albrecht, seines Zeichens Aquilinon des Nebeltals und Herr über Burg Adlerwacht, die fünf Provinzen des Tales an diejenigen als Lehen zu vergeben, welche sich besonders hervorgetan hatten. Designierte Aquilonen waren jene, welche sich bereits bei der Befreiung besonders hervorgetan hatten, namentlich Sturmhart Eisenkeil, welcher das Mitt-Lehen erhalten sollte und Haquim Asskaron, welchem das West-Lehen übertragen wurde. Die Lehen im Osten, Norden und Süden des Tales sollten an diejenigen vergeben werden, welche sich im Rahmen eines Wettbewerbs mit Herz, Hand und Verstand hervortaten.
Doch bereits vor der feierlichen Lehensvergabe wurde ich höchstselbst Zeuge der merkwürdigen Gegebenheiten, welche sich im Umland der Adlerwacht zutrugen. Schon bei der Anreise, auf welcher ich viele der geladenen Gäste das letzte Stück bis zur Burg geleiten sollte, gerieten wir in den Hinterhalt einiger Wegelagerer, welche allerdings nur das kleinere Übel darstellten. Im Bereich des Waldes, welcher aufgrund seines furchterregenden, geradezu kahlen Aussehens von den Einheimischen nur „Das Gerippe“ genannet ist, hatte sich Untod breit gemacht, und wandelnde Leichen griffen die Reisegemeinschaft, welcher auch Gelda von Sira, seines Zeichens Gesandter Ostrias, angehörte, unerwartet an. Nur mit Mühe, aber ohne größeren Schaden davongetragen zu haben, erreichten wir Reisenden Burg Adlerwacht, wo uns trotz der Ereignisse ein Festmahl und die feierliche Lehensvergabe erwartete. Jedoch sollte auch der Abend nicht ohne weitere unangenehme Ereignisse vorbeigehen: Schon auf der Reise wurden wir gewahr über die Anwesenheit des Nordreiches, da wir einen von Wegelagerern überwältigten Späher in Gewahrsam nehmen konnten. Dessen Einheit, geführt von ihrem General Servius Gavius Iustus Pisonianus und dessen Berater Vibius Acilius, traf in der Nacht auf der Adlerwacht ein. Der anschließend entstehende Disput mit dem Gesandten Ostrias und Albrecht vom Nebeltal konnte von letzerem geklärt werden, wonach die Nordreicher als Gäste willkommen waren. Zu fortgeschrittener Stunde soll es im Wald noch zu weiteren Angriffen durch Untote gekommen sein.
Am darauffolgenden Tage sollten der Wettbewerb um die weiteren Lehen stattfinden. Zu diesem Zwecke wurde eine große Turney durchgeführt, in welcher sich die besten Schwertkämpfer und Bogenschützen herausstellen sollten. Außerdem wurde der Verstand der Teilnehmer anhand der uralten Rätselrollen, welche in der Bibliothek im Keller der Adlerwacht entdeckt wurden, einer Überprüfung unterzogen. Und schließlich wurden jene, welche ein großes Herz zeigten, indem sie selbstlos anderen halfen und uneigennützige Taten vollbrachten, ebenfalls ausgezeichnet. Die Gefahren waren allerdings lange nicht beseitigt. So konnte die Ursache für die zur Dämmerung immer wieder auftauchenden Untoten in einem Nekromanten gefunden werden, welcher sich selbst als eine Inkarnation der Eris zu erkennen gab. Desweiteren fanden sich zwei weitere goldene Äpfel der Zwietracht, einer davon in einem unterirdischen Eris-Tempel nahe der Adlerwacht. Der Versuch, die Äpfel zu lokalisieren und ihrer Habhaft zu werden scheiterte daran, dass eine angereiste Gruppe Aussätziger aus dem verlassen geglaubten Totensumpf, darin zuvorkam und die Äpfel vernichtete. Da der Problemen offensichtlich noch nicht genug waren, war das Heilige Buch des Michael über Nacht aus der Michaels-Kapelle in der Adlerwacht entwendet worden, und fand sich überraschend im Gepäck eines Nordreich-Soldaten wieder, welcher jede Schuld von sich wies.
Am Abend sollte es dann zur Vergabe der Lehen kommen, um welche den Tag über gestritten wurde. Das Nord-Lehen ging an Auriane, eine Söldnerin aus der Gruppe der Skorpione. Das Gebiet im Osten errang Leah, eine Heilerin aus Ostria. Das Lehen im Süden schließlich wurde an Füchschen, Mitglied des Ploetzbourgher Flankenschutzes vergeben. Allerdings sollte auch diese feierliche Lehensvergabe von unangenehmen Ereignissen überschattet werden. Ein Abbild des Nekromanten erschien auf der Tribüne des aus Aquilinon Albrecht und den fünf Aquilonen neu gebildeten Hohen Rates des Nebeltals, und bezichtigte einen der Anwesenden, wie er ebenfalls eine Inkarnation der Eris zu sein.
Nach Verschwinden des Abbilds hatte der Rat die Aufgabe, eine Gerichtsverhandlung abzuhalten. Zum einen sollten die Totensumpf-Bewohner für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Sie wurden vom Rat in die ewige Verbannung geschickt. Weiters kam es zu einem gerichtlichen Disput zwischen Vibius Acilius, Berater des Nordreich-Generals und Gelda von Sira, Gesandter Ostrias. Im Verlauf der Verhandlungen bestanden beide darauf, vom Hohepriester des Michael, darauf überprüft zu werden, frei von Eris zu sein. Nachdem dieser feststellen musste, dass beide Genannten von Eris besessen zu sein schienen, er aber eine Störung der Magie festgestellt hatte, ließen sich jene freiwillig in den Kerker der Burg werfen. Dort gelang es Gelda von Sira allerdings, Vibius Acilius zu überwältigen und mit Hilfe seiner Mächtigen Blutmagie nach Ostria zu entkommen. Eine erneute Überprüfung durch Hohepriester Talius ergab die nun vollständige Freiheit der Region von Eris, womit die Schuld des Ostrianers als erwiesen gelten dürfte.
Die anschließenden Feierlichkeiten zu Ehren der neuen Aquilonen wurde noch einmal kurz durch die Totensumpf-Bewohner gestört, welche sich mit dem Versuch einer Verfluchung des Nebeltals in die Verbannung zurückzogen. Dies tat der guten Stimmung jedoch keinen Abbruch und es wurden bis in die frühen Morgenstunden die Gründung des Hohen Rats und die Abwendung der Gefahren gefeiert.